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7.9.2009, 19:16 - Archiv

Vor 60 Jahren startete die AMAG die Automontage in Schinznach-Bad

"Qualité Suisse" Schinznach-Bad, eine kleine Gemeinde im Aargau, wurde vor 60 Jahren zu einem der grossen Automobilbau-Zentren der Schweiz. Die AMAG startete 1949 mit der "Montage Suisse". Am 3. Januar 1945 gründete Walter Haefner die "Neue AMAG Automobil und Motoren AG" mit Sitz am Utoquai in Zürich. Schon kurze Zeit später wurde es dort zu eng, insbesondere, weil es galt, auch Fahrzeuge zu montieren.

1947 bot sich in Schinznach-Bad der Kauf des Areals einer früheren Zementfabrik mit Fabrikationshallen an. Im gleichen Jahr erfolgte der Umbau und Schinznach-Bad wurde das Importzentrum für alle Fahrzeuge der AMAG. Am Standort Schinznach-Bad wurde aber nicht nur importiert, sondern auch montiert. Zwischen 1949 und 1972 wurden dort rund 30'000 Fahrzeuge der Marken Standard, Plymouth, Chrysler, DeSoto, Studebaker, Dodge und VW Karmann-Ghia komplett zusammengebaut. Die Montagetätigkeit erfolgte in einer rechtlich eigenständigen Firma, der "ASAG Automontage Schinznach AG", die wie die AMAG zur damaligen Walter Haefner Holding AG gehörte. Warum wurden Autos in der Schweiz montiert? In der vom Krieg verschonten Schweiz war die Situation etwas anders als in der restlichen europäischen Automobilindustrie, die noch sehr von den Kriegswirren geschwächt war. Man wollte sich etwas leisten, die Nachfrage nach neuen Autos und das Geld waren da. Die englische und vor allem die amerikanische Autoindustrie konnten liefern. Doch was brachte ein Automobilhandelsunternehmen dazu, Fahrzeuge selber zu montieren? Wie häufig bei solchen Entscheidungen war der Fiskus Grund genug. Auf Komplettfahrzeuge aus den USA hatten die Schweizer Zollbehörden beinahe protektionistische Zollgebühren erhoben. Teilelieferungen hingegen waren sehr günstig, denn sie schafften Arbeitsplätze. Und so wurde aus der Not im Laufe der Jahre eine Tugend, besser gesagt, ein Qualitätslabel.

Die Fertigungsqualität der Rohkarossen, die besseren Ausstattungen, die Rostschutzbehandlung oder die zum Teil aus Schweizer Produktion stammenden Materialien machten die "Montage Suisse" so begehrt. Willy Huter, einziger und langjähriger Direktor der Automontage brachte es schon in den fünfziger Jahren auf den Punkt: „Die kleine Schrift «Montage Suisse», die wir auf allen von uns montierten Fahrzeugen anbringen, muss immer für höchste Qualität bürgen!“ Die Plymouth-Jahre Die ersten zehn Montage-Jahre können als die "Plymouth-Jahre“ bezeichnet werden. Bereits im ersten Jahr rollten 66 Fahrzeuge in Schinznach-Bad vom Band, bis 1959 waren es über 7'100. Im Vergleich dazu eher bescheiden entwickelte sich damals die Anzahl der montierten Fahrzeuge der Marken Chrysler, DeSoto und Dodge. Anfang der Fünfziger war die Liefertreue aus Detroit aber sehr schlecht, da war man froh, dass zur Überbrückung und Auslastung auch über 500 englische Standard Vanguards gebaut werden konnten. Zudem wurden Ende der Fünfziger über 1000 Einheiten des damals neuen, heiss begehrten, schnittigen VW Karmann-Ghia-Coupés in der Schweiz montiert. Eher als Intermezzo kann die kurzfristige Produktion von Studebaker-Fahrzeugen ab 1959 bezeichnet werden. Der Konkurs dieses amerikanischen Herstellers verhinderte einen grösseren Erfolg.

Das Jahrzehnt der Valiants und Darts

Die "grossen Amischlitten" fanden bei der Schweizer Bevölkerung schon bald nicht mehr so starken Anklang. Europäische Alternativen waren kompakter und praktischer und der ebenfalls von der AMAG importierte VW Käfer hatte schon lange zum Siegeszug auf den Schweizer Strassen angesetzt. Alternativen waren gefragt. Die Lösungen hiessen Anfang der 60er Jahre die Modelle Chrysler Valiant und Dodge Dart. Zwei für damalige US-Verhältnisse kompakte Mittelklasselimousinen, angetrieben von Reihen-Sechszylindermotoren. Konkurrenz im eigenen Haus – Das Ende Gegen Ende der Sechziger Jahre verfiel die amerikanische Autoindustrie in Sachen Hubraum und Leistung wieder dem Gigantismus. Insbesondere die bergige Schweizer Topographie war aber nicht gemacht für amerikanische "Muscle-Cars" mit ihren verhältnismässig bescheiden dimensionierten Bremsen. So nahm das Interesse an den ebenfalls gewachsenen und erstarkten Valiants und Darts laufend ab. Gleichzeitig verfügte die AMAG mit den ab 1967 importierten Modellen von Audi plötzlich über ein neues, verbrauchsärmeres Angebot in der Mittel- und gehobenen Mittelklasse. Da die Nachfrage nach in der Schweiz montierten Fahrzeugen laufend abnahm, konnte die Automontage nicht mehr rentabel geführt werden. 1972 lief die Montage in Schinznach-Bad nach 29'227 Einheiten aus.

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